Ideologiefrei inspirieren
Christoph Becher ist neuer Intendant des RSO Wien
Wien – Das ORF-Radiosymphonieorchester Wien kann auf eine stolze Kummer- und Leidenstradition verweisen: Alle paar Jahre muss es eine existenzbedrohende Diskussion über sich ergehen lassen, in der erörtert wird, ob der Klangkörper zum Kernbereich einer öffentlich-rechtlichen Institution gehört. Schon im Lichte dessen ist (auch wenn das RSO-Leben seit einer Weile wieder sicher zu sein scheint) jede Postenneubesetzung im Umfeld des Orchesters per se eine positive Nachricht.
Und zweifellos birgt die Bestellung von Christoph Becher zum neuen Intendanten des Orchesters (als Nachfolger von Christian Scheib) darüber hinaus auch die Möglichkeit, den zu Recht guten RSO-Ruf zu erhalten oder gar zu mehren. Becher, der in Wien als Konzerthausdramaturg auch das Festival Wien Modern programmiert hat, nennt noch keine konkreten Pläne.
Er will das RSO jedenfalls aber auf dem internationalen Parkett stärken und lobt dessen „Mut zum Experiment“: „Wie nur ganz wenige Orchester auf der Welt ist das RSO prädestiniert für zeitgenössi- sche Musik und die Gegenwart.“Wobei: „Wir sind keine Ideologen. Wir behaupten nicht, sondern inspirieren unser Publikum“, so Becher, der zu der Vielseitigkeit des RSO auch die „Education“-Arbeit zählt, die einem jungen Publikum zugutekommen soll.
Zudem wolle man als Kulturinstitution Antworten auf die Veränderung der Gesellschaft finden. „Wir müssen versuchen, alle Publikumsschichten zu erreichen“, so Becher. In einigen Theaterhäusern existiere dieser migrantische Fokus. Im klassischen Musikbetrieb gebe es da noch einiges aufzuholen.
ORF-Chef Alexander Wrabetz sprach von einem „besonderen Moment“: Man habe sich entschlossen, die RSO-Intendanz erstmals nicht ORF-intern zu besetzen und international auszuschreiben. „Damit haben wir einen wichtigen Schritt für die langfristige Zukunftssicherung des Orchesters gesetzt.“Bechers Vertrag gilt unbefristet – jener des mit der Bestellung zufriedenen Chefdirigenten Cornelius Meister wurde bis Sommer 2018 verlängert. (toš) Ohren eingerollt, mir wurde richtig übel vor Langeweile. Aber das war kurzsichtig. Denn man muss verstehen – und Pynchons Buch hilft einem dabei –, wie einzigartig der Verlust dieser Generation war: Sie hatten das Gefühl, dass sie es in der Hand hatten – und dabei versemmelt haben. Dass sie die Chance hatten, die Welt zu ändern, verfolgt sie. Egal, ob es daran lag, dass immer weniger mitmachen wollten oder dass sich die Drogen verändert haben: Der Spuk ist immer noch zu spüren. Standard: Hat man diese Utopie nicht auch später idealisiert? Anderson: Pynchon ist gewiss kein Nostalgiker. Er ist zu zynisch, zu nüchtern. Er setzt sich keine rosarote Brille auf. Sein Blick auf diese Zeit ist aufrichtig und mikroskopisch – er sieht Möglichkeiten, die nicht realisiert, nicht genug geschätzt wurden. Standard: Der Film trifft diesen Tonfall sehr präzise. Es ist kein Retrofilm, er scheint in der Ära zu Hause. Wie gingen Sie dafür vor? Anderson: Ich hatte kein übergeordnetes Konzept. Ich wollte reduziert arbeiten und so viel wie möglich in so wenigen Einstellungen wie möglich erzählen. Wohl auch, weil es viel Dialog gab. Standard: Man fühlt sich an Filme von Robert Altman erinnert – nur dass die Schauplätze ein wenig greller wirken. Hatten Sie filmische Orientierungspunkte? Anderson: Robert Elswit, mein Kameramann, und ich haben – etwa mit unterschiedlichem Filmmaterial – vieles ausprobiert, und daraus entsteht dann meist auch etwas, obwohl wir Etliches auch gleich wieder verwerfen. Oft versucht man ein Bild zu imitieren, bis es richtig aussieht. Speziell bei dieser Periode ging es auch darum, etwas Akkurates zu finden, das zugleich vollkommen außerirdisch wirkt. Der Stil dieser Zeit ist so bunt zusammengewürfelt, dass vieles „falsch“aussieht. Wir mussten uns anstrengen, die Wirkung einzudämmen, die Ablenkung wäre zu groß gewesen. Wir haben ein wenig geschwindelt. Standard: Wie sind Sie damit umgegangen, dass der Plot einigermaßen unverständlich ist? Anderson: Man muss das Publikum dazu bringen, den Film zu genießen, ohne dass es ständig nach dem Clou des Ganzen sucht. Das ist der Job. Ich persönlich kann Plots von Filmen ohnehin nie richtig folgen. Ich erinnere mich an die Namen nicht, verliere mich in Nebensächlichkeiten. Standard: Für Kifferfilme gilt das ganz besonders. Anderson: Das stimmt, also muss man die Welt mit den Augen eines Protagonisten sehen, der selbst ständig versucht, sich einen Reim auf alles zu machen. Doc hält sich am Tisch fest – alles andere wird von selbst folgen. Standard: „Inherent Vice“ist Ihre erste Komödie seit „Punch-Drunk Love“. Wie wichtig ist Komik? Anderson: Pynchons Humor ist von der Sorte, die mich echt zum Lachen bringt. Im Buch gibt es etwa eine schöne Beschreibung des L. A. P. D. an einem Tatort. Die Cops hüpfen in den Pool, essen Hotdogs und spielen Pingpong. Das hat mich sehr an die Filme der Zucker-Brüder erinnert, an die Serie Police Squad / Die nackte Pistole, in der die Polizisten ständig vollkommen unpassende Dinge tun. Das Lustige ist, dass es eigentlich vollkommen dem gängigen Bild des L. A. P. D. entspricht. Es ist nicht nur der Versuch, albern zu sein: Das L. A. P. D. hat einen wirklich schlechten Ruf. Ab Freitag PAUL THOMAS ANDERSON, geb. 1970, zuletzt für sein Drama „The Master“gefeierter US-Filmemacher. Das Interview fand auf Einladung des Verleihs in Paris statt.