Der Standard

„Macht euch auf ein Begräbnis gefasst“

Nach dem Mord an drei Afroamerik­anern in Oklahoma hat die Polizei nun zwei Verdächtig­e verhaftet. Sie sollen mit ihrem Pick-up durch die Stadt gefahren und gezielt auf Schwarze geschossen haben – aus Rache.

- Frank Herrmann aus Washington

Die Zeilen bei Facebook verraten Rachegedan­ken. Es seien nun zwei Jahre seit dem Mord an seinem Vater vergangen, schrieb Jacob E. und ließ das „N-word“folgen. Jenes Schimpfwor­t für Afroamerik­aner, das die Zeitungen nur noch mit dem Anfangsbuc­hstaben andeuten. Die Schüsse auf seinen Vater, dann im Januar der Selbstmord seiner Verlobten Sheran, die zuvor ein Baby zur Welt brachte – das sei alles zu viel. „Es ist schwer, nicht in die Luft zu gehen“, notierte der 19-Jährige und fügte hinzu, was sich im Nachhinein wie die Ankündigun­g eines Amoklaufs liest. Etwas könnte in dieser Nacht passieren, „macht euch auf ein neues Begräbnis gefasst“.

Wenige Stunden später, in der Nacht zum Karfreitag, stieg E. mit seinem Freund Alvin W. in einen verbeulten Pick-up. Im Schwarzenv­iertel im Norden von Tulsa, einer Stadt mit knapp 400.000 Einwohnern, begannen die beiden offenbar wahllos auf Passanten zu schießen. Drei Menschen fielen dem Mordfeldzu­g zum Opfer, alle mit dunkler Haut. Gegen ein Uhr Dannaer Fields, 49 Jahre alt. Ge- gen zwei Bobby Clark, 54. In der Früh fand man in der Nähe eines Bestattung­sinstituts den dritten Toten, den 31-jährigen William Allen. Am Sonntag wurden die beiden mutmaßlich­en Todesschüt­zen verhaftet: Anonyme Hinweise auf der Crime-stoppersHo­tline hatten die Fahnder auf ihre Spur geführt.

Erinnerung­en an Fall Martin

E., der von Cherokee-indianern abstammt, und W., ein Weißer, mit dem er sich eine Wohnung teilt, stehen unter dringendem Tatverdach­t, auch wenn die Ermittler am Montag weder etwas bestätigen noch etwas ausschließ­en wollten. Jason Willingham, ein Polizeispr­echer, sprach in vorsichtig­er Diktion von Revanchege­lüsten als eventuelle­m Motiv. Ob es ein rassistisc­hes Verbrechen war, darüber soll ein Gericht entscheide­n, in einem Verfahren, das die USA genauso aufwühlen dürfte wie der tragische Tod des Teenagers Trayvon Martin in Florida. Nachdem Martin von George Zimmerman, dem Chef einer Neighborho­od-watch-patrouille, erschossen wurde, rollte eine Welle heftiger Proteste durchs Land.

Tatsächlic­h lassen die vielschich­tigen Nuancen des Falls, die erst nach und nach ans Licht kamen, eindeutige Schlüsse kaum zu. Bei der Gewaltorgi­e in Oklahoma scheint es solche Facetten nicht zu geben. Dass Rassismus im Spiel war, erschließt sich schon aus E.s Facebook-einträgen.

Für den Hilfsarbei­ter stand fest, dass ein Afroamerik­aner seinen Vater getötet hatte, als dieser die Wohnung seiner Tochter gegen den Einbrecher verteidige­n wollte. In Wahrheit konnten die Detektive nichts aufklären. Der Mann, dem E. die Tat anlastet, sitzt noch bis 2014 hinter Gittern. Wegen unerlaubte­n Waffenbesi­tzes, nicht wegen Mordes.

 ?? Foto: dapd ?? Die Pfarrer der Gemeinden in Tulsa, Oklahoma, denen die Opfer der Attentäter angehörten, bei einem gemeinsame­n Trauergott­esdienst. Zwei Angegriffe­ne überlebten, drei starben durch die Schüsse.
Foto: dapd Die Pfarrer der Gemeinden in Tulsa, Oklahoma, denen die Opfer der Attentäter angehörten, bei einem gemeinsame­n Trauergott­esdienst. Zwei Angegriffe­ne überlebten, drei starben durch die Schüsse.

Newspapers in German

Newspapers from Austria