Chefinspektor muss ins Gefängnis
Mit einer veritablen Überraschung endete die Berufungsverhandlung eines Wiener Top-polizisten, der wegen Amtsmissbrauchs verurteilt wurde: Die Strafe wurde deutlich erhöht, ein Teil ist unbedingt.
Wien – In der Verhandlungspause vor der Urteilsverkündung gibt sich Franz P. noch kämpferisch. An ihm solle lediglich ein Exempel statuiert werden, er sei ein Opfer des Büros für interne Angelegenheiten, der internen Ermittlern des Innenministeriums. Die hätten ihn, den 55-jährigen suspendierten Chefinspektor der Wiener Kriminalpolizei, verfolgt, da er sie kritisiert habe. Nur so seien Vorgänge, die aus P.s Sicht Usus waren, zu strafrechtlichen Delikten aufgebauscht worden.
Nach der Verkündung des Urteils des Obersten Gerichtshofes (OGH) spricht P. nicht mehr und verlässt betroffen den Wiener Justizpalast. Denn die Strafe des Spitzenpolizisten wegen Amtsmissbrauchs, Nötigung, Betrugs und falscher Beweisaussage wurde empfindlich erhöht. Hatte ihn das Landesgericht noch zu 18 Monaten bedingt verurteilt, fasste er am Donnerstag 24 Monate aus – davon acht Monate unbedingt. Damit verliert er auch seinen Job und die Pensionsansprüche.
Zum Verhängnis wurde P. vor allem der Graubereich im Rotlicht, genauer, sein Umgang mit dem langjährigen Informanten Dragan J., Spitzname „Repić“. Diese Frage der Polizeiarbeit ist generell heikel, da das Wesen des Informantentums natürlich ein Geben und Nehmen ist.
Aus Sicht des Ogh-senats unter Vorsitz von Kurt Kirchbacher hat P. aber eindeutig zu viel gegeben. So habe er zweimal untergebene Polizisten angewiesen, das Lokal von J. in Ruhe zu lassen. Die Schwester von J. ließ er sich im Gefängnis vorführen, um die Verpachtung ihres eigenen Lokals an ihren Bruder abzuklären. Und als ein Konkurrent mit J. um sein Lokal „No Name“ritterte, drohte P. diesem „schikanöse Kontrollen“an.
Dann gibt es den „Café-cappuccino-mord“. Nach tödlichen Schüssen in dem Wiener Lokal ließ P. aus Sicht des Gerichts eine Zeugenaussage verschwinden und traf eine Zeugin, die nichts über das Treffen sagen sollte.
P. versucht ebenso wie sein Verteidiger Andreas Duensing, die Vorwürfe zu entkräften. Er sei immer ein guter Kriminalist gewesen, viele Kollegen würden nicht verstehen, dass sein Umgang mit dem Informanten nun gegen ihn ausgelegt werde. „Ich war mir nie einer Schuld bewusst.“
Kirchbacher sieht das anders und folgt dem Antrag von Generalanwältin Silvia Geymayer. „Sie haben systematisch Befugnisse missbraucht“, wirft er P. vor. Und die unbedingte Strafe sei notwendig zur „Stärkung des Vertrauens in die staatlichen Institutionen“.
Fragen rund um Gürtel-boss
Dieses ist allerdings durch eine andere Rotlicht-causa ein wenig erschüttert. Denn die Enthaftung der Gürtel-größe Richard S. nach zwei Jahren U-haft wirft noch immer Fragen auf. Die Staatsanwaltschaft hat es nicht fertiggebracht, vor Ablauf der Zwei-jahres-frist einen Prozess wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung zustande zu bringen, was „unangenehm“sei, wie Peter Gildemeister von der Oberstaatsanwaltschaft Wien einräumt. In Fällen der organisierten Kriminalität komme das aber immer wieder vor.
Hinzu kommt allerdings, dass das Oberlandesgericht, auf d–essen Anordnung S. freigelassen wurde, auch Teile der Anklage zurückgewiesen hat. Dabei geht es vor allem um den Vorwurf, eine Frau hätte mit Chloroform betäubt und in die Donau geworfen werden sollen – hier ist die Beweislage offenbar zu dünn. Auch Zeugen sollen in der Zwischenzeit Aussagen revidiert haben.