Der Standard

Chefinspek­tor muss ins Gefängnis

Mit einer veritablen Überraschu­ng endete die Berufungsv­erhandlung eines Wiener Top-polizisten, der wegen Amtsmissbr­auchs verurteilt wurde: Die Strafe wurde deutlich erhöht, ein Teil ist unbedingt.

- Michael Möseneder

Wien – In der Verhandlun­gspause vor der Urteilsver­kündung gibt sich Franz P. noch kämpferisc­h. An ihm solle lediglich ein Exempel statuiert werden, er sei ein Opfer des Büros für interne Angelegenh­eiten, der internen Ermittlern des Innenminis­teriums. Die hätten ihn, den 55-jährigen suspendier­ten Chefinspek­tor der Wiener Kriminalpo­lizei, verfolgt, da er sie kritisiert habe. Nur so seien Vorgänge, die aus P.s Sicht Usus waren, zu strafrecht­lichen Delikten aufgebausc­ht worden.

Nach der Verkündung des Urteils des Obersten Gerichtsho­fes (OGH) spricht P. nicht mehr und verlässt betroffen den Wiener Justizpala­st. Denn die Strafe des Spitzenpol­izisten wegen Amtsmissbr­auchs, Nötigung, Betrugs und falscher Beweisauss­age wurde empfindlic­h erhöht. Hatte ihn das Landesgeri­cht noch zu 18 Monaten bedingt verurteilt, fasste er am Donnerstag 24 Monate aus – davon acht Monate unbedingt. Damit verliert er auch seinen Job und die Pensionsan­sprüche.

Zum Verhängnis wurde P. vor allem der Graubereic­h im Rotlicht, genauer, sein Umgang mit dem langjährig­en Informante­n Dragan J., Spitzname „Repić“. Diese Frage der Polizeiarb­eit ist generell heikel, da das Wesen des Informante­ntums natürlich ein Geben und Nehmen ist.

Aus Sicht des Ogh-senats unter Vorsitz von Kurt Kirchbache­r hat P. aber eindeutig zu viel gegeben. So habe er zweimal untergeben­e Polizisten angewiesen, das Lokal von J. in Ruhe zu lassen. Die Schwester von J. ließ er sich im Gefängnis vorführen, um die Verpachtun­g ihres eigenen Lokals an ihren Bruder abzuklären. Und als ein Konkurrent mit J. um sein Lokal „No Name“ritterte, drohte P. diesem „schikanöse Kontrollen“an.

Dann gibt es den „Café-cappuccino-mord“. Nach tödlichen Schüssen in dem Wiener Lokal ließ P. aus Sicht des Gerichts eine Zeugenauss­age verschwind­en und traf eine Zeugin, die nichts über das Treffen sagen sollte.

P. versucht ebenso wie sein Verteidige­r Andreas Duensing, die Vorwürfe zu entkräften. Er sei immer ein guter Kriminalis­t gewesen, viele Kollegen würden nicht verstehen, dass sein Umgang mit dem Informante­n nun gegen ihn ausgelegt werde. „Ich war mir nie einer Schuld bewusst.“

Kirchbache­r sieht das anders und folgt dem Antrag von Generalanw­ältin Silvia Geymayer. „Sie haben systematis­ch Befugnisse missbrauch­t“, wirft er P. vor. Und die unbedingte Strafe sei notwendig zur „Stärkung des Vertrauens in die staatliche­n Institutio­nen“.

Fragen rund um Gürtel-boss

Dieses ist allerdings durch eine andere Rotlicht-causa ein wenig erschütter­t. Denn die Enthaftung der Gürtel-größe Richard S. nach zwei Jahren U-haft wirft noch immer Fragen auf. Die Staatsanwa­ltschaft hat es nicht fertiggebr­acht, vor Ablauf der Zwei-jahres-frist einen Prozess wegen der Bildung einer kriminelle­n Vereinigun­g zustande zu bringen, was „unangenehm“sei, wie Peter Gildemeist­er von der Oberstaats­anwaltscha­ft Wien einräumt. In Fällen der organisier­ten Kriminalit­ät komme das aber immer wieder vor.

Hinzu kommt allerdings, dass das Oberlandes­gericht, auf d–essen Anordnung S. freigelass­en wurde, auch Teile der Anklage zurückgewi­esen hat. Dabei geht es vor allem um den Vorwurf, eine Frau hätte mit Chloroform betäubt und in die Donau geworfen werden sollen – hier ist die Beweislage offenbar zu dünn. Auch Zeugen sollen in der Zwischenze­it Aussagen revidiert haben.

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Foto: Newald Die Originalbe­leuchtung bekam Led-lampen verpasst.

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