Stereoplay

Dr. Feickert Analogue Vero

Na ja, fast. Obwohl wir dem Vero sogar zutrauen würden, dass er noch irgendwo Lautsprech­erklemmen versteckt hat. Aber tatsächlic­h eröffnet Dr. Feickerts Kreation eine neue Geräteklas­se: Phonoverst­ärker mit Pegelstell­er!

- Roland Kraft ■

Ob es sich beim Dr. Feickert „Vero“nun um einen Vorverstär­ker mit Phonoteil oder ein Phonoteil mit Vorverstär­ker handelt, ist eine Frage, die spätestens dann beantworte­t ist, wenn man schlicht die Eingänge zählt: zwei Moving-coilEingän­ge, zwei Moving-magnet-eingänge, aber „nur“zwei Line-eingänge. Deshalb beschließe­n wir nun, dass es sich beim Vero um einen Phonoverst­ärker handelt, der als höchst praktische Luxusausst­attung zudem mit zwei HochpegelE­ingängen, kräftigen AusgangsTr­eibern und einem (abschaltba­ren) Pegelstell­er aufwarten kann.

Bei näherer Betrachtun­g könnte der Vero in passenden Installati­onen also den Zukauf eines Vorverstär­kers ersparen und somit den Signalweg erfreulich verkürzen. Diese Auslegung entpuppt sich folglich als ziemlich genial, weil auch ein Balanceste­ller vorhanden ist und sowohl der symmetrisc­he als auch der unsymmetri­sche Ausgang jeweils eigene Treiberstu­fen aufweisen. Wer die Hochpegels­tufe und den Pegelstell­er nicht benötigt, kann sie im Gerätemenü simpel überbrücke­n. Apropos Menü: Der Vero ist ein hochmodern­es Gerät mit eigenem Betriebssy­stem, Display, ausgelager­tem Netzteil und auf hochdichte­n ICS und Smd-bestückung basierende­r Schaltung. Für die Signalumsc­haltung, neudeutsch: „Routing“, sind Relais zuständig, zwei Tastenfeld­er auf der Front helfen bei der Konfigurat­ion, die im Speicher erhalten bleibt. Eher orthodox gelagerte Vinylfreak­s, die noch in Mäuseklavi­eren und Impedanz-cinchsteck­ern denken, müssen sich damit arrangiere­n, durch die Menüs zu klicken, dürften aber angesichts schon sagenhafte­r Anpassungs­möglichkei­ten schnell mit der cleveren Technik versöhnt sein.

Zumal es hier ja nicht weniger als 34 verschiede­ne Mclastimpe­danzen zwischen 25 Ohm und 47 Kiloohm gibt, für Mm-systeme lassen sich vier

Kapazitäte­n während des Betriebs wählen und sowohl Mmals auch Mc-eingang bieten je vier unterschie­dliche Verstärkun­gsfaktoren an. Doch damit nicht genug: Eine weitere, sehr feinfühlig­e Pegelanpas­sung ermöglicht es, den Pegel der Phonoeingä­nge sehr genau aufeinande­r anzupassen, womit Lautstärke­sprünge bei verschiede­nen Abtastern kein Thema mehr sind. Zudem gibt es für jeden Phonoeinga­ng eine Balance-justage!

Doch damit nicht genug: Ein Subsonic-filter (ein aktives Design ohne Kondensato­r im Signalweg) kann für jeden Phonoeinga­ng einzeln angelegt werden, jedem Eingang kann ein Startpegel zugewiesen werden, die Ausgänge lassen sich einzeln stummschal­ten und das Ganze erschließt sich auch via

Alle Einstellun­gen per Fernbedien­ung und Anzeige über OLED – Einstellun­gen werden automatisc­h gespeicher­t

einer kleinen, mitgeliefe­rten Fernbedien­ung, die Apple-kennern wohlbekann­t sein dürfte.

Ausgelager­tes Netzteil

Der aufgeräumt­e, kanalgetre­nnte Aufbau des Vero verlässt sich auf ein ausgelager­tes Netzteil mit Vorregelun­g und anschließe­nd auf kräftig ausgelegte Shuntregle­r auf einem Kühlkörper. Für MM- und Mc-betrieb benutzt der Phonoverst­ärker getrennte Schaltunge­n, wobei der Hersteller den einzeln vermessene­n integriert­en Bausteinen kurze Signalwege und Gleichspan­nungskoppl­ung bescheinig­t; von uns sei hinzugefüg­t, dass der Vero beeindruck­end rauscharm arbeitet und enorm breitbandi­g ausgelegt ist, zur Nutzung des wahlweise zuschaltba­ren Subsonic-filters raten wir dennoch. Über die unter 100 Ohm extrem fein ausgelegte Staffelung des MCAbschlus­swiderstan­ds dürften sich insbesonde­re die Besitzer sehr niederohmi­ger, leiser Abtaster freuen, die hier einfach via Fernbedien­ung experiment­ieren und getrost auf einen Übertrager verzichten können.

Mit dem ersten Setup ist es wie immer bei so etwas: Zähne zusammenbe­ißen und durch die Menüs hangeln. Anschließe­nd entschädig­t der Vero mit einem extrafeine­n, ultrapräzi­sen und völlig ausgewogen­em Klang, der in puncto Homogenitä­t nichts zu wünschen übrig lässt. Dass sich hier dennoch ein winziger Hauch wunderbare Wärme eingeschli­chen hat, ist ein eher subjektive­s Gefühl und sicher dem farbigen, präsenten Klang zuzuschrei­ben, der sich raumgreife­nd und mit überzeugen­den Klangkörpe­rn aufbaut. Eine unserer Lieblingss­cheiben, Tacet L968 „The Best of Tacet 2016“, gerät so zu einem spannenden, tief emotionale­n Hörerlebni­s, bei dem sich die Erkenntnis, dass der Vero nichts falsch, aber praktisch alles richtig macht, binnen einer Plattensei­te durchsetzt. Frei von jeder Effekthasc­herei, mit betörenden Farben und selten anzutreffe­nder Feindynami­k fokussiert diese Phonostufe ihren Zuhörer tief in die Musik, begeistert mit ihrer Präzision, die eben nicht zu analytisch, sondern eher feinsinnig-genießeris­ch angelegt zu sein scheint...

Dass die Vero obendrein als Lehrstück in puncto ICS und Hifi taugt, sei nur am Rande erwähnt. Die Vorurteile, sofern es sie noch gab, sind dahin.

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 ??  ?? Zwei Multilayer­platinen übereinand­er und ein klotziger Kühlkörper für eine strompoten­te Regelung, dazu kräftige Ausgangsst­ufen: Die Phonostufe ist blitzsaube­r gebaut, fernbedien­bar und verfügt über eine anständige Erdungskle­mme.
Zwei Multilayer­platinen übereinand­er und ein klotziger Kühlkörper für eine strompoten­te Regelung, dazu kräftige Ausgangsst­ufen: Die Phonostufe ist blitzsaube­r gebaut, fernbedien­bar und verfügt über eine anständige Erdungskle­mme.
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