Klangexperimente mit CRUSH im Museum Kurhaus
Mit dem Ensemble ging es auf eine Reise durch Klangräume, experimentelle Musik und neues Hören. Ein ganz neues Klangergebnis zum Mitmachen.
KLEVE Ein ebenso ungewöhnliches wie faszinierendes Konzert erlebten etwa 20 Zuhörer im Museum Kurhaus Kleve. Als Teil der Muziek Biennale Niederrhein präsentierte das Ensemble CRUSH „sculptures musicales“. Die vier Musiker nutzten dabei die besondere Akustik der beiden nebeneinanderlegenden Räume Wandelgang und Pinakothek und forderten die Zuhörer auf, während des Konzerts herumzugehen, die Klänge an verschiedenen Orten im Raum zu erleben und ihnen nachzuspüren. „Lebenswege“hieß das Stück von Dominik
Susteck, zu dem auch die Musiker durch die Räume gingen. „Gehen sie ruhig herum, sie können auch sprechen, das stört uns nicht“, sagte Marin Petrov, der den Flügel in der Pinakothek spielte.
Die Zuhörer taten, wie ihnen geraten, und spürten gehend den Tönen und Klängen nach. Es entstand so ein Bild, das mehr aussagte als nur die Musik. Der Titel „Lebenswege“passte, leise Schrittgeräusche gehörten dazu, ja selbst die regennasse Straße draußen war zu hören, wenn Autos vorbeifuhren. Während der Flügel in der Pinakothek unverrückbar war, gingen Pia Marei Hauser mit Querflöte, Kyusang
Jeong mit Klarinette und Slavi Grigorov mit Akkordeon langsam durch die Räume. Es war, als ob sie kommunizierten, es wirkte wie improvisiert und war doch sehr präzise komponiert. Sowohl die Zuhörer, die in Bewegung waren, als auch der besondere Hall der Museumsräumlichkeit waren ein gewollter Teil der Performance.
Eine Beteiligung des Publikums war auch erwünscht in dem Stück „Vuelvo al sur“des argentinischen Komponisten Astor Piazzolla. Hierzu lagen auf den Stühlen Zettel mit Strophen aus diesem ursprünglich als Tango argentino nuevo komponierten Werkes. „Ich liebe den Süden,
seine guten Leute, seine Würde,“hieß es, oder „Ich komme zu dir mit meiner Sehnsucht, mit meiner Angst“. Diese Texte sollten die Zuhörer laut lesen, während die Musiker spielten, aber das tat dann doch keiner, zu ungewöhnlich war der Moment, zu sehr war jeder beschäftigt, diese Musik im Raum zu erleben, was für sich genommen eindrucksvoll war. Dass ein Klang eine „Skulptur“sein kann, wurde in diesen Momenten verstehbar. Dies galt auch für die Komposition „Two“von John Cage, bei denen Flöte und Klavier und simultan Klarinette und Akkordeon in zwei Räumen erklangen und regelrechte „Klanggebilde“erzeugten, wie flüchtige Kunstwerke, die die Ausstellung der Räume für Augenblicke bereicherten.
Zwei experimentelle Stücke im zweiten Konzertteil sorgten zusätzlich für ungewöhnliche Hörperspektiven. Hier besonders „Les Moutons de Panurge“von Frederic Rzewski, der hier mit 65 Noten, die er fast 20 Minuten vorwärts und rückwärts wiederholen lässt. Es ist die musikalische Umsetzung der Geschichte von dem Schaf, das in einen Fluss fällt, und die ganze Herde geht hinterher. Die Zuhörer konnten sich währenddessen der Faszination des Stückes nicht entziehen. Es gab viel Applaus.