Aichacher Nachrichten

Marco Brenner schreibt die Tour de France ab

Der Augsburger Radprofi kämpft mit den Spätfolgen seines Unfalls von 2020. Deshalb rückt die Frankreich-Rundfahrt in weite Ferne. Nun konzentrie­rt er sich auf ein anderes Rennen.

- Von Robert Götz

Erst 40 Kilometer waren Anfang März auf den holprigen Straßen der Strade Bianche, einem der traditions­reichsten Straßenren­nen im Frühjahr absolviert, als Marco Brenner einsehen musste, dass es keinen Sinn mehr machte: „Es stand auf der Kippe, ob ich überhaupt fahren würde, denn ich war kurz zuvor krank. Aber ich habe es versucht, hatte aber von Beginn an keinen Bums in den Beinen. Der limitieren­de Faktor war aber der Rücken. Bei Belastung verkrampft die Muskulatur, es sticht dann rein und es geht nicht mehr“, erzählt der 20-jährige Augsburger Radprofi von seinen Schmerzen, die ihn in der Toskana zur Aufgabe zwangen.

Nach einem schweren Unfall im April 2020, als er sich bei einer Trainingsf­ahrt an der Anhängerku­pplung eines Traktors das rechte Schienbein aufschlitz­te, scheint Brenner sich unbemerkt eine Fehlhaltun­g bei der Sitzpositi­on auf dem Rennrad angeeignet zu haben. Durch eine Dysbalance der unterschie­dlich starken rechten und linken Beinmuskul­atur verdrehte er auf dem Rad immer wieder die Hüfte. Eine minimale Fehlstellu­ng, die bei dem Nachwuchsf­ahrer wohl zunächst unbemerkt blieb. Doch mit den immer weiter steigenden Anforderun­gen nach seinem Wechsel ins Profilager zum Team DSM, traten zuletzt immer häufiger Beschwerde­n auf, auch wenn die Muskulatur­defizite längst aufgearbei­tet sind.

So kommt es bei den intensiven Belastunge­n während des Trainings oder des Rennens zu Verspannun­gen im Rücken, die ins rechte Bein abstrahlen. „Das rechte Bein macht zu. Die Verkrampfu­ng geht erst dann langsam weg, wenn die Belastung weg ist“, erklärt er seine Beschwerde­n. Keine guten Voraussetz­ungen für einen Profi. Brenner, der inzwischen den Großteil des Jahres in seiner Wahlheimat Andorra lebt und trainiert, versucht die Probleme mit intensiver Physiother­apie neben dem

Training in den Griff zu bekommen. Bisher mit mäßigem Erfolg: „Da gab es noch keine großen Fortschrit­te, da sind wir immer noch am Tüfteln, was wirklich hilft.“

Getüftelt wurde auch vor wenigen Tagen in der Teamzentra­le in den Niederland­en an seiner Fahrpositi­on. „Da wurde der Hüftwinkel optimiert, damit ich mehr Stabilität in den Rücken und in den Hüftbereic­h bekomme. Wir haben den Lenker etwas höher eingericht­et, damit ich etwas kürzer auf dem Rad sitze.“

Den ehrgeizige­n Brenner nervt es, dass er nicht hundertpro­zentig trainieren kann. Und ihm fehlt die Wettkampfp­raxis mit seinen Teamkolleg­en. Darum fährt er ab Montag auch die Katalonien­rundfahrt Volta Ciclista a Catalunya mit, ohne Chance auf eine gute Platzierun­g. „Es geht für mich in Katalonien nicht groß darum, Leistung zu bringen. Ich versuche einfach, so weit wie es geht zu kommen“, sagt Brenner. Fast wichtiger ist ihm der tägliche Kontakt mit seinen Fahrerkoll­egen und der

Teamleitun­g. „Wir werden da auch besprechen, wie wir weitermach­en.“Eine Überlegung sei es, dass er sich Rat bei dem bekannten Physiother­apeuten Hans Friedl holt, der sein Therapie- und Trainingsz­entrum in Edling am Chiemsee betreibt.

Noch sieht Marco Brenner seine Saisonplan­ungen nicht in Gefahr. Doch seine möglicherw­eise erste Teilnahme an der Tour de France hat er schon mal abgeschrie­ben. Die Tour startet am 1. Juli in Bilbao und endet am 27. Juli in Paris. „Ich stand zwar derzeit auch nur auf der Longlist, aber daran ist gar nicht zu denken.“Brenner konzentrie­rt sich lieber auf seinen eingeplant­en Saisonhöhe­punkt: Das ist wie im vergangene­n Jahr die Vuelta, die Spanienrun­dfahrt. Die beginnt mit der ersten Etappe am 26. August mit einem Teamzeitfa­hren in Barcelona. Das Ziel erreichen die Fahrer dann am 17. September in der Hauptstadt Madrid.

Doch vorerst hat Marco Brenner nur einen Wunsch: „Ich will so schnell wie möglich fit werden.“

 ?? Foto: Roth, dpa ?? Marco Brenner (vorne) musste bei Strade Bianche mit Rückenprob­lemen aufgeben.
Foto: Roth, dpa Marco Brenner (vorne) musste bei Strade Bianche mit Rückenprob­lemen aufgeben.

Newspapers in German

Newspapers from Germany