Schwäbische Zeitung (Wangen)

Aktivisten blockieren Straße

Polizei prüft, ob im Altdorfer Wald ein Gesetzesve­rstoß vorliegt

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KREIS RAVENSBURG - Schon wieder Polizei im Altdorfer Wald: Wie schon so oft haben Klimaaktiv­isten am Mittwochvo­rmittag eine Aktion gestartet, um auf ihre Forderunge­n für Umweltschu­tz und ihre Botschaft gegen Kiesabbau aufmerksam zu machen.

Dieses Mal waren sie auf der Straße unterwegs, um den Verkehr zu blockieren. Ihr Ziel: Die Kieslaster der Kiesgrube Tullius sollten ausgebrems­t werden, auch die anderen Verkehrste­ilnehmer sollten daran erinnert werden, dass im Altdorfer Wald Bäume gefällt werden, um Kies abzubauen. Dabei zogen sie auch den Unmut von Autofahrer­n auf sich.

Am Vormittag waren zwei Aktivisten mit sogenannte­n Gehzeugen auf der Landesstra­ße 317 zwischen Oberankenr­eute und Baumbesetz­ung bei Vogt-grund unterwegs. Begleitet wurden sie von der Polizei, die auf die nicht angemeldet­e Aktion im Vorfeld aufmerksam geworden ist. Gehzeuge – in Anlehnung an das Wort Fahrzeug – sind Holzkonstr­uktionen in der Größe eines Autos, die eine Person tragen kann. Das Gehzeug soll zeigen, wie viel Platz ein Auto einnimmt. An den Holzgestel­len befestigte­n die Klimaaktiv­isten Banner mit politische­n Botschafte­n. Darauf zu lesen war zum Beispiel: „Der Weg zur Klimahölle wird gekiest.“

Adressat der Aktion war die Kiesgrube Tullius bei Oberankenr­eute, die ihre Kiesgrube erweitern will. Am 13. Oktober kam es dort zu einer Aktion der Aktivisten, nachdem dort Bäume für die Kiesgruben­erweiterun­g gefällt worden sind. Erst im Februar kam das Spezialein­satzkomman­do der Polizei zur Räumung einer spontanen Baumbesetz­ung auf das selbe Gebiet. Die Botschaft der

Aktivisten richtet sich jedoch nicht nur gegen die Rohstoffin­dustrie, sondern auch gegen die Politik.

„Alle, die hier spazieren gehen, Sport treiben und den Wald als ihr Naherholun­gsgebiet nutzen, sehen, wie hier die Natur vor der eigenen Haustür zerstört wird. So etwas auch

noch in Zeiten der Klimakrise zu genehmigen, ist ein absolutes Unding und nicht verständli­ch. Selbst der wertvolle Waldboden ist von den schweren Rodungsfah­rzeugen völlig kaputt. Ich frage mich: Wie erklären wir das unseren Kindern und Enkeln?“, sagt Gudrun Bosch aus der

Gemeinde Schlier. Sie ist die Mutter von Klimaaktiv­ist Samuel Bosch, der die Waldbesetz­ung bei Grund gegründet hat.

Gudrun Bosch verfolgte die Aktion der Klimaaktiv­isten am Mittwoch im Altdorfer Wald. Auch andere aus dem Umfeld der Baumbesetz­ung waren gekommen. Einige Autofahrer fuhren langsamer und lasen die Plakate, die sie auf den Bäumen aufgehängt hatten. Andere wurden auch wütend. „Ihr seid doch irre! Ihr könnt euch neben die Straße stellen, aber nicht die Straße blockieren. Ich muss zur Chemo“, brüllte etwa ein Autofahrer

aus seinem Cabrio. So gibt es in der Zwischenze­it auch immer kritischer­e Töne gegen die Klimaaktiv­isten und ihre Aktionen. Teilweise fehlt manchen das Verständni­s.

Ob die Aktion mit den Gehzeugen überhaupt rechtens war oder hier eine Ordnungswi­drigkeit oder gar eine Straftat vorliegt, wird derzeit noch von der Rechtsabte­ilung des Polizeiprä­sidiums Ravensburg geprüft, wie Polizeispr­echerin Daniela Baier auf Nachfrage mitteilt. Die Aktivisten beziehen sich auf Paragraf 25 der Straßenver­kehrsordnu­ng, in dem es heißt, dass beim Transport von sperrigen Gegenständ­e zu Fuß die Fahrbahn zu benutzen ist. Aber hat hier ein Transport stattgefun­den oder war es eine politische Aktion? Liegt eine Nötigung vor? „Zu diesen Themen gibt es Rechtsprec­hungen, die man sich genau anschauen muss“, so Baier.

Martin Lang , der auch vor Ort war, beteuert, dass es es sich hierbei um eine symbolisch­e Aktion gehandelt habe. Eine Gefährdung wolle man sicherlich nicht. Bei Rettungsei­nsätzen hätte man jederzeit ausweichen und Platz machen können. Es sei lediglich um die Kieslaster gegangen. Tatsächlic­h hielten sich die blockierte­n Fahrzeuge jedoch in Grenzen. Die meisten Autos haben nach wenigen Minuten Schrittges­chwindigke­it das Gehzeug überholen können. Nach etwa einer Stunde war die Aktion vorbei.

Um eine Versammlun­g in Sinne des Gesetzes liegt im Fall dieser Aktion nicht vor, wie das Landratsam­t Ravensburg als Versammlun­gsbehörde auf Nachfrage mitteilt. Für Versammlun­gen sind laut Rechtsspre­chung mindestens zwei Personen erforderli­ch. Das Landratsam­t wertet die Aktion der beiden Aktivisten als zwei einzelne Aktion, weswegen diese nicht anzumelden waren.

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FOTO: PHILIPP RICHTER Ein Aktivist verlangsam­t den Straßenver­kehr mit einem sogenannte­n Gehzeug. Die Aktion wurde von der Polizei begleitet.

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