Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Bronze für den Spätstarter
Weltrekordler Paul Biedermann wird über die 200 Meter Freistil WM-Dritter
(dpa/SID/sz) - Paul Biedermann stützte sich nach WM-Bronze ausgepowert auf seinen Knien ab. Ein anerkennendes Abklatschen mit dem britischen Überraschungsweltmeister James Guy, eine kurze Umarmung für den chinesischen Zweiten Sun Yang, erst nach und nach kam der deutsche Weltrekordler wieder zu Puste. „Mir tut alles weh, aber das war genau im Rahmen der Möglichkeiten. Ich denke, ich habe mich in der Weltspitze wieder etabliert“, erklärte Biedermann und hatte auch schon Olympia im Kopf. „Das gibt mir Auftrieb und Mut für das nächste Jahr.“
Biedermann, der als HalbfinalSechster am Vortag seine Weltjahresbestzeit verloren hatte, musste eine enorme Willensleistung vollbringen. Achter war er bei der ersten Wende, dann spielte der Doppel-Weltmeister von 2009 seine Stärke in der zweiten Rennhälfte aus. Nach Gold 2009 und Bronze 2011 ist es seine dritte WMMedaille auf seiner Lieblingsstrecke. „Die wiegt noch etwas mehr, weil ich auch älter geworden bin“, sagte Biedermann drei Tage vor seinem 29. Geburtstag. „Ich habe alles gegeben, mehr konnte ich nicht und ich bin mit Bronze belohnt worden.“
Kurz nach dem Anschlag hatte er noch regungslos auf die Anzeigetafel geschaut. „Mir fehlte ein wenig Sauerstoff, den ich vom Gehirn auf die Augen weiterleiten konnte“, scherzte Biedermann. Dass ihm am Ende nur 0,24 respektive 0,18 Sekunden fehlten, ärgerte ihn ein wenig: „Die letzte Wende habe ich leider nicht ganz getroffen, das ist ein bisschen schade.“
Die erste Medaille am dritten Tag der Beckenwettbewerbe könnte dem deutschen Team nach den Enttäuschungen von London 2012 und Barcelona 2013 Auftrieb geben. Franziska Hentke geht als Weltjahresbeste über 200 Meter Schmetterling heute in den Vorlauf, am Donnerstag wird es für Vizeweltmeister Marco Koch über 200 Meter Brust ernst.
Für Klippenspringerin Anna Bader erfüllte sich der Wunsch nach einer weiteren Medaille nicht. Nach Bronze bei der spektakulären WM-Premiere vor zwei Jahren musste sich die 31-Jährige mit Rang sieben begnügen. „Eine Medaille wäre natürlich schön gewesen, aber die anderen sind super gesprungen“, erklärte die mehrmalige Europameisterin. Aber auch so war sie nach dem Sieg der Amerikanerin Rachelle Simpson beim Spektakel aus 20 Metern Höhe „glücklich“. Die angehende Lehrerin aus Mainz träumt nun von Olympia. „Ich hoffe, dass wir in Rio als Demonstrationssportart dabei sind“, sagte die 31-Jährige, selbst an Tokio 2020 musste sie denken. „Wie alt bin ich denn dann?“, fragte sie sich selbst. „Ich würde alles dafür geben, das wäre das Größte.“
Neun Springerinnen stürzten sich aus schwindelerregender Höhe von einem Stahlgerüst mit bis zu 90 km/h in den Nebenfluss der Wolga. Vor der Kulisse des Kasaner Kremls lieferten die Extremsportler die spektakulärsten Bilder der WM.
Die Weltrekordflut hält an
Über 50 Meter Brust gab es schon vor der Medaillenentscheidung zwei Weltrekorde. Nach den 26,62 Sekunden des südafrikanischen 100-MeterOlympiasiegers Cameron Van der Burgh im Vorlauf schlug der britische Favorit Adam Peaty zu. Einen Tag nach seinem Titel über 100 Meter Brust schwamm er im Halbfinale 26,42. Katie Ledecky (18) legte bei ihrem zweiten Titel in Kasan über 1500 Meter Freistil wie im Vorlauf einen Weltrekord hin. 15:24,48 Minuten lautete die Siegerzeit der Amerikanerin, zwei Sekunden schneller als zuvor.
In den Vorläufen kamen von vier deutschen Schwimmern zwei weiter. Hendrik Feldwehr verpasste einen Tag nach seinem achten Platz über 100 Meter aber den Endlauf über die Sprintdistanz. 27,31 Sekunden bedeuteten zwar persönliche Jahresbestzeit, reichten für den Essener aber nur für den zehnten Platz. Alexander Kunert war im Vorlauf über 200 Meter Schmetterling mit persönlicher Bestzeit von 1:57,28 Minuten ins Halbfinale eingezogen, 14. war er am Ende.