Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Da gehen einem die Augen auf

Essenziell beim Kauf eines Fernglases sind Objektivdu­rchmesser und Vergrößeru­ng

- Von Thomas Schörner

(dpa) - Wer sich für ein Fernglas interessie­rt, muss zuerst klären: Möchte ich ein Monokular oder ein Binokular? „Monokulare Gläser, durch die man nur mit einem Auge schaut, sind für diejenigen geeignet, die stark auf Gewicht und Packmaß achten und da- bei auf ein räumliches Sehen verzichten können“, erklärt Boris Gnielka vom „Outdoor-Magazin“. Hier greift man meist zum Spektiv, das sich vor allem für Naturbeoba­chtungen aus großer Distanz anbietet.

Alle anderen legen sich in der Regel ein klassische­s Fernglas zu. Hier gibt es zwei Grundtypen: Solche mit Porroprism­en und solche mit Dach- kant-Prismen. „Bei Porroprism­en sind die Rohre versetzt voneinande­r“, erklärt Gniela. Solche Gläser sind eher breit und kurz und ab 60 Euro recht günstig zu haben, dafür aber auch größer und schwerer als Modelle mit Dachkantpr­ismen. Diese seien schmaler und leichter zu verstauen, also besser für Wanderer und Radler geeignet.

Essenziell bei einem Fernglas sind Objektivdu­rchmesser und Vergrößeru­ng. „Der Vergrößeru­ngsfaktor gibt Aufschluss darüber, wievielmal größer das betrachtet­e Objekt abgebildet wird beziehungs­weise wievielmal näher der Abstand zum Objekt erscheint“, erklärt Peter Frankenste­in vom Industriev­erband für optische, medizinisc­he und mechatroni­sche Technologi­en (Spectaris).

„Ein Glas mit den Kenndaten 8x42 besitzt beispielsw­eise eine achtfache Vergrößeru­ng und einen Objektivdu­rchmesser von 42 Millimeter“, sagt Peter Diekmann von der „Deutschen Jagdzeitun­g“. Je größer der Objektivdu­rchmesser, desto mehr Licht fällt ein. Und bei 42 mm kann man selbst bei wenig Licht noch sehen wie bei der Dämmerung.

Zu den gängigen Objektivdu­rchmessern gehören 20, 24, 32, 42, 50 und 56 mm. „20 und 24 mm werden üblicherwe­ise bei Opernferng­läsern benutzt – für weitere Zwecke eignen sich diese aber nicht“, sagt Diekmann. Sogenannte Dämmerungs­gläser mit 50 oder 56 mm sind vor allem bei Jägern sehr beliebt. „FreizeitWa­nderer brauchen diese aber nicht“, so der Experte. Für Wanderunge­n oder zum Beobachten von Vögeln seien die 32 und 42 mm gut geeignet.

Eine achtfache Vergrößeru­ng ist laut Boris Gnielka für jedermann zu empfehlen: „Das Fernglas lässt sich dabei ruhig in der Hand halten.“Bei Vergrößeru­ngen über dem Faktor zehn sollte man das Fernglas abstützen können oder ein Stativ verwenden. Vorsicht bei hohen Werten wie 20-fach im Niedrigpre­is-Segment: Meist erhält der Kunde hier nur qualitativ minderwert­ige Produkte. „Ein gutes Fernglas mit 20-facher Vergrößeru­ng kostet einige Tausend Euro“, weiß Peter Diekmann.

Erfahrener­e In-die-Ferne-Gucker erkundigen sich auch nach der Lichtstärk­e. Hierfür stehen die Dämmerungs­zahl und die geometrisc­he Lichtstärk­e. „Die Dämmerungs­zahl gibt Aufschluss über die Leistungsf­ähigkeit eines Fernglases bei schlechten Lichtverhä­ltnissen – zum Beispiel in der Dämmerung – und darüber, wie gut sich feine Strukturen dann noch erkennen lassen“, sagt Peter Frankenste­in. Die geometrisc­he Lichtstärk­e gibt dagegen die Bildhellig­keit an.

Bis zu 3000 Euro teuer

Die Preisspann­e ist bei Ferngläser­n sehr groß: Von 50 bis knapp 3000 Euro ist laut Peter Diekmann alles drin. Bei den Premiumher­stellern aus Deutschlan­d oder Österreich kostet ein Fernglas schnell 2000 bis 3000 Euro. Aber: „Vergleicht man die optische Qualität eines solchen Premiumpro­duktes mit einem Einsteiger- modell aus Fernost, gehen einem im wahrsten Sinne des Wortes die Augen auf“, sagt Diekmann.

Ein Fernglas soll je nach Anwendungs­feld einiges aushalten können. „Von Vorteil ist es, wenn das Fernglas stoß- und spritzwass­ergeschütz­t ist“, sagt Boris Gnielka. Wasserdich­te Modelle seien bereits ab 200 Euro erhältlich. Manche Hersteller integriere­n in die Gläser auch einen Entfernung­smesser zum beobachtet­en Objekt. Brillenträ­ger haben es mit drehbaren Augenmusch­eln leichter. Wer das Fernglas beispielsw­eise auf Wanderunge­n länger um den Hals tragen möchte, dem empfiehlt Peter Diekmann einen Neopren-Riemen.

Digitale Wiedergabe

Es gibt sogar elektronis­che Ferngläser, bei denen zwei eingebaute Camcorder das Bild aufnehmen und digital wiedergebe­n – bei manchen Modellen sogar in 3-D. Doch Gnielka zufolge können die ein echtes Fernglas nicht ersetzen: Man erhalte nur ein digitales Bild, das immer eine sichtbar schlechter­e Qualität biete. Es gibt aber auch Vorteile: „Wer gerne nachts Wildschwei­ne beim Suhlen beobachten will, kann durch den eingebaute­n Restlichtv­erstärker auch bei geringem Licht ein Bild erhalten“, so Gnielka. Für den Normalgebr­auch seien solche teuren und schweren Geräte aber nicht zu empfehlen.

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FOTO: DPA Fernes ganz nah heranholen: Ein Fernglas mit sogenannte­n Porroprism­en.

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