Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)
Agententhriller
Tom Cruise im fünften Teil von Mission: Impossible.
Bankenkrisen, verschwundene Passagierflugzeuge, Militärputsche – all das kommt Zuschauern der täglichen Nachrichten sattsam bekannt vor. Und manchmal wirkt „Mission Impossible: Rogue Nation“, der fünfte auf der Kultserie der 1960er-Jahre basierende Kinofilm in 20 Jahren, wie ein Auszug aus den täglichen Nachrichten. Dann wieder allerdings wie ein wilder Jahrmarktsbudenzauber oder wie die angenehm naive Fortsetzung eines Fantomas- oder James-BondFilms.
Zumindest die Schuldigen in diesem Film sind nämlich vergleichsweise harmlos. Sie heißen weder Erdogan noch NSA, sind weder Spekulanten noch Militärs, sondern einfach „das Syndikat“. Sprich: Eine besonders geheime Verbrecherorganisation, die mit Schurkenstaaten und Waffenschiebern paktiert und aus dem Untergrund von einem Meisterverbrecher namens Solomon Lane geführt wird. Der will die Weltherrschaft, und nur einer kann das verhindern: Ethan Hunt.
Furiose Mischung
Es geht schnell los und wird dann immer schneller: Amerikanische Geheimagenten sind in Weißrussland im Einsatz, und schon hängt der von Tom Cruise gespielte Ethan Hunt an der Tür eines startenden Transportflugzeugs – von außen, versteht sich.
Nicht nur mit dieser, in Trailern ausgiebig beworbenen, vom Rest der Handlung völlig losgelösten Stuntszene gleich zu Beginn wirkt Ethan Hunt wie das US-amerikanische Pendant zu dem Kino-Geheimagenten schlechthin, zum Briten James Bond. Bereits zum fünften Mal ist der Amerikaner jetzt im Einsatz und wieder gelingt eine furiose Mischung aus Actionkino und Agententhriller.
Zur Erinnerung: Die IMF ist ein ganz besonders geheimer Geheimdienst, eine Spezialeinheit für unmögliche Missionen. Und wie im richtigen Leben lauern die schlimmsten Gegner und Verfassungsfeinde manchmal im eigenen Lager: Innere Machtkämpfe lähmen die Amerikaner, und während die CIA vor allem damit beschäftigt ist, Hunts Organisation zu liquidieren, macht das böse Syndikat, was es will. Während die unmögliche Mission also diesmal darin liegt, einen Zweifrontenkampf gegen die Böswilligen unter den eigenen Leuten und gegen die Weltfeinde zu führen, hat es Hunt auch noch mit einer mysteriösen Frau zu tun. Sie heißt Ilsa Faust, was natürlich unter anderem an Ingrid Bergmans Figur in „Casablanca“erinnern soll. Sie hat lange Beine, die die Kameraaufnahmen ausgiebig ins Bild rücken, und rettet Hunt gelegentlich das Leben. Aber sie hat in ihrer schillernden Coolness doch viel mehr Ähnlichkeit mit einer Femme Fatale aus dem Kino der 1940er-Jahre als mit einem typischen Teenieschwarm des 21, Jahrhunderts. Insofern droht Gefahr, und man hält es bis zum Schluss für möglich, dass sie die eigentliche Bedrohung der Sicherheit der USA verkörpert. Gespielt wird sie von der bis dahin kaum bekannten schwedischen Schauspielerin Rebecca Ferguson – sie ist die größte und einzig echte Überraschung dieses Films. Man wird noch von ihr hören. In Nebenrollen sieht man Alec Balwin, Whing Rhames und Jeremy Renner, sie bieten, was man von ihnen erwarten darf.
Sehnsucht nach ewiger Jugend
Dass Hauptdarsteller Tom Cruise inzwischen über 50 ist, darüber muss man eigentlich nicht mehr reden – längst sind die alten Leitsätze der Popkultur umgedreht worden und im Zeitalter der „Silver Surfer“gilt umgekehrt: „Trau keinem unter 40“und „50 ist das neue 30“. Die wahre „Mission Impossible“ist für Tom Cruise erkennbar seine eigene Sehnsucht nach der ewigen Jugend.
Dieser Weg wird begleitet von wilden Stunts und Verfolgungsjagden, einigem Geballer und erstaunlich viel Selbstironie. „Mission Impossible 5“ist ein alles in allem sehr unterhaltsamer, kurzweiliger Film.
Rein fiktional, wie einige behaupten, ist dieser übrigens bei aller Überdrehtheit der Inszenierung keine Sekunde: Das weiß Regisseur Christopher McQuarrie („Jack Reacher“), von dem auch das Drehbuch stammt. Er hat einen Film gemacht, in dem einerseits die Geheimdienste und die Politiker, auch die der Demokratien, tun und lassen, was sie wollen, solange sie dabei nur nicht erwischt werden. Er hat einen Film gemacht, in dem die wahren Feinde nicht immer die sind, die in der Öffentlichkeit als Terroristen gebrandmarkt werden.
Und er erzählt davon, dass es nie große Institutionen und Organisationen sind und auch nie die abstrakten Vorschriften von Recht und Moral, die etwas verändern, sondern das konkrete Handeln einzelner Personen. Das alles ist, zusammengenommen, weder eine besonders liberale noch eine optimistisch stimmende Botschaft, aber es ist, auch wenn das nicht jeder gern hört, leider ziemlich realistisch.