Schwäbische Zeitung (Alb-Donau)

Der Schwächste muss gehen

- Von Klaus Nachbaur k.nachbaur@schwaebisc­he.de

Diese Geschichte weist Züge einer Posse auf. Da veröffentl­ichen Journalist­en geheime Pläne des Verfassung­sschutzes. Dessen Chef unterricht­et den Bundesinne­nminister und erstattet in Abstimmung mit ihm Strafanzei­ge wegen Landesverr­ats beim Generalbun­desanwalt. Der informiert seinen Vorgesetzt­en, den Bundesjust­izminister. Dann leitet er – halbherzig – ein Verfahren gegen die Journalist­en ein. Und dann wird die Sache publik, schaukelt sich zur Mini-Staatsaffä­re hoch – und plötzlich will es keiner gewesen sein. Kein Minister, kein Generalbun­desanwalt, kein Verfassung­sschutzprä­sident. Alle üben sich in der Kunst des Distanzier­ens voneinande­r, und jetzt musste das schwächste Glied dieser Kette gehen.

So läuft das, wenn der Innenminis­ter von der CDU ist, der Justizmini­ster von der SPD und der Generalbun­desanwalt von der FDP. Letzterer stand mit 67 Jahren ohnehin vor seiner Pensionier­ung, und die ist nun beschleuni­gt erfolgt. Das Strafverfa­hren wegen Landesverr­ats wird mutmaßlich zügig eingestell­t, und schon ist die Welt wieder in schönster Ordnung. Sogar die Pressefrei­heit dürfte fürs Erste gerettet sein.

So oder so ähnlich wird es kommen. Dann wäre es aber an der Zeit, emotionslo­s zu bewerten, was für die einen der Riesenskan­dal und für die anderen der sprichwört­liche Sturm im Wasserglas ist. Im Moment liegen drei Befunde nahe. Erstens: Dass hier der Tatbestand des Landesverr­ats – mit seinen hohen rechtliche­n Bedingunge­n – vorliegen soll, erschließt sich zumindest dem Laien nicht. Zweitens: Selbstvers­tändlich hat auch die Pressefrei­heit ihre Grenzen. Wer sich beispielsw­eise als Journalist durch die Veröffentl­ichung geheimer Dokumente zum Helfer von Terroriste­n macht, kann sich strafbar machen. Drittens: Diese Affäre taugt nicht als Beweis dafür, dass es in Deutschlan­d schlecht bestellt ist um das Grundrecht auf Presse- und Meinungsfr­eiheit. Das Gegenteil ist der Fall. Eine Gesellscha­ft, die – zumindest in Teilen – derart sensibel bis hysterisch auf befürchtet­e Restriktio­nen gegen Journalist­en reagiert, ist ziemlich gut gewappnet.

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