Und so viel mehr
Ein Spaziergang durch den Wald ist für immer mehr Menschen ein Ausflug ins namentliche Nirgendwo. Sie sehen Bäume und Blumen, doch bei der näheren Bezeichnung sind sie überfragt. Farn und Brennnessel werden vielleicht noch erkannt, aber Gilbweiderich, Schachtelhalm, Günsel? Auch Floristen bedienen häufig Kunden, die nur noch durch Zeigen auf die Bodenvasen angeben können, welche Blumen gebunden werden sollen. Rosen, Tulpen, Nelken – der Rest wandert unbenannt ins Gesteck. Und gern noch etwas Grün dazu!
Vielleicht ist das nicht schlimm. Menschen haben auch Freude an Pflanzen, ohne deren genaue Bezeichnung zu kennen. Sie wählen aus, was ihnen gefällt, pflegen nach den Anweisungen auf den Fähnchen im Topf, die irgendwann verloren gehen – und von da an ist der Mitbewohner auf der Fensterbank eben namenlos. Es gibt ja immer bessere Apps fürs Handy, die Pflanzen über die Fotoerkennung bestimmen. Dann gibt es gleich auch den lateinischen Namen samt Angaben zu Herkunft, Vorkommen, Verwandtschaft dazu. Doch scheint dieses schnell erworbene Wissen auch schnell verloren zu gehen.
Doch mit Namen ist das nun mal so eine Sache. Sie dienen ja längst nicht nur der Bezeichnung, sondern vor allem der Beziehung. Wen oder was man beim Namen nennen kann, rückt einem näher. Und so kann man zwar begriffslos durch Parks spazieren, aber dann war es dort auch nur schön grün. Namen aber lernt man am besten, wenn man sie von anderen Menschen beigebracht bekommt. Darum helfen Apps nur so viel wie Bestimmungsbücher: Sie vermitteln abstraktes Wissen – das nur mühsam zu halten ist. Wenn aber Eltern, Großeltern, Freunde begeisterte Botaniker sind und ihr Wissen teilen, ist es mit Emotionen verbunden – und bleibt. Wenn Pflanzenwissen also verloren geht, ist das auch eine Frage des Kontakts zwischen den Generationen. Und der Achtsamkeit gegenüber dem, was uns umgibt: Blumen, Bäume und so viel mehr.